Im Arbeitsalltag des Zentralen Tierlaboratoriums Essen müssen wir regelmäßig Interessen des Tierschutzes gegen Interessen der Forschung abwägen. Sowohl die Forschungsfreiheit als auch der Tierschutz sind im Grundgesetz verankert und haben in unserer Gesellschaft einen berechtigten Stellenwert. Der Tierschutz ist somit ein zentrales Thema und in der Universitätsmedizin Essen auf allen Ebenen vielschichtig diskutiert uns umgesetzt . Ein erfahrenes Team aus Biolog:innen, Tierärzt:innen und Tierpfleger:innen achtet darauf, dass die Belastungen der Tiere im Versuch auf das unerlässliche Maß reduziert und alle gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt werden. Nach den gesetzlichen Grundlagen und unserem ethischen Selbstverständnis gehören dazu die Förderung des Wohlergehens und der artgerechten Haltung der Tiere, die tierärztliche Betreuung sowie ein umfangreiches Aus- und Weiterbildungsangebot für alle Personen, die mit den Tieren arbeiten. Dies dient zuletzt auch der guten wissenschaftlichen Praxis, denn nur durch sehr gute Haltungsbedingungen und gesunde Tiere ist es möglich aussagekräftige und reproduzierbare Versuchsergebnisse zu erhalten.

Wir vertreten den Standpunkt, dass tierexperimentelle Arbeiten nur durchgeführt werden sollten, wenn sie entweder dem Erkenntnisgewinn im Sinne der Grundlagenforschung dienen oder wenn durch angewandte Forschung ein deutlicher Mehrwert für Menschen oder Tiere erwartet werden kann. Vor jedem Versuch muss abgewogen werden, ob der zu erwartende Erkenntnisgewinn die dem Einzeltier zugeführte Belastung rechtfertigt. Daher setzen wir konsequent und kontinuierlich das Prinzip der 3R um (Russel & Burch, 1959: Reduction: Reduktion der Tierversuche, Refinement: Verbesserung der Methoden und Replacement: Ersatz von tierexperimentellen durch alternative Methoden).

Sowohl Tierschutz als auch Forschung sind im Grundgesetz verankert: Die Forschungsfreiheit gehört zu den bürgerlichen Grundrechten (Artikel 5 Grundgesetz) und der Tierschutz wurde im Jahr 2002 in der Verfassung verankert (Artikel 20a Grundgesetz). Die letzten Aktualisierungen des Tierschutzgesetzes und der Tierschutzversuchstierverordnung sind im August 2021 in Kraft getreten, um die EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU umzusetzen. Das Tierschutzgesetz weist ausdrücklich auf die Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf hin. Die Öffentlichkeit und das Gesetz verlangen von der Wissenschaft Tierversuche und die Belastung der Versuchstiere auf das unerlässliche Minimum zu beschränken. Darüber hinaus regeln viele verschiedene Verordnungen und Gesetze den Umgang mit Tieren, ihren möglichen Einsatz in der Forschung und die Bedingungen ihrer Haltung:

  • Tierschutzgesetz (TierSchG)
  • Tierschutzversuchstierverordnung (TierSchVersV)
  • Versuchstiermeldeverordnung (VersTierMeldV)
  • Richtlichtlinie 2010/63/EU (EU Versuchstierrichtlinie)
  • Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV)
  • Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV)
  • Arzneimittelgesetz (AMG)
  • Gentechnikgesetz (GenTG)

All diese Gesetze, Richtlinien und Verordnungen stellen die Grundlagen unserer Arbeit dar und prägen unser tägliches Arbeiten im Zentralen Tierlaboratorium Essen. Durch die neuen Fassungen des TierSchG und der TierSchVersV haben sich für die Beantragung und Durchführung von Tierversuchen Änderungen und Neuerungen ergeben, denen wir mit aktualisierten Antragsformularen, Hinweisen und Informationen sowie der Aktualisierung unserer Kurse Rechnung tragen.

Das Zentrale Tierlaboratorium Essen verfügt über eine Haltungs- und Zuchterlaubnis nach § 11 des Tierschutzgesetzes (TierSchG). Die Tierhaltungen werden regelmäßig von der Aufsichtsbehörde besucht und kontrolliert (Veterinäramt der Stadt Essen). Alle Anträge auf Tierversuche werden entsprechend TierSchG und der TierSchVersV zuerst von Tierschutzbeauftragten geprüft und dann der Genehmigungsbehörde vorgelegt, dem Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz in Recklinghausen (LANUV). Beim LANUV wird der Antrag dann erneut geprüft und einer Tierschutzkommission zur Beratung vorgelegt (nach § 15 des TierSchG). Danach wird der Antrag vom LANUV beschieden. Es folgt dabei in der Regel der Empfehlung der §15 Tierschutzkommission.ktualisierten Antragsformularen, Hinweisen und Informationen sowie der Aktualisierung unserer Kurse Rechnung tragen.

Quelle: Tierversuche-verstehen.de [https://www.tierversuche-verstehen.de/downloads/]

Das Prinzip wurde von William Russel und Rex Burtch 1959 eingeführt. Es wurde seitdem um die Begriffe „Respekt“ „Responsibility“ und „Reproducibility“ erweitert, übersetzt „Respekt“, „Verantwortung“ und „Reproduzierbarkeit“. Die traditionellen 3R verfolgen Strategien zur Verringerung bzw. dem Ersatz von Tierversuchen oder zur Verbesserung der tierexperimentelleren Techniken und der Haltung der Versuchstiere, um ihre Belastung im Tierversuch zu reduzieren. Die ergänzenden 3R beziehen die rechtlichen und gesellschaftlichen Anforderungen nach Tierwohl und Tierschutz sowie den eigenen ethischen Anspruch der Forschenden im Umgang mit Versuchstieren mit ein. Durch die konsequente Anwendung der 6R-Prinzipien können bessere Forschungsergebnisse erzielt sowie Schmerzen und Leiden der Versuchstiere auf ein Minimum reduziert werden. Es gibt zahlreiche Datenbanken, die Forschenden dabei helfen, die 3R-Prinzipien einzuhalten.

Hier einige Beispiele:

  • AnimalTestInfo: Erfassung aller durchgeführten Tierversuche in Deutschland
  • AnimAlt –ZEBET: Auflistung von Alternativ- und Ersatzmethoden
  • CIRS-LAS: Fehlerdatenbank für Tierversuche (angelehnt an Krankenhaussysteme um Patientensicherheit zu erhöhen)
Quelle: Tierversuche-verstehen.de [https://www.tierversuche-verstehen.de/downloads/]

Replacement – Ersatz

Bei jeder Beantragung eines Tierversuchs wird im Vorfeld geprüft, ob die wissenschaftliche Fragestellung nicht durch andere Verfahren beantwortet werden kann. Wenn möglich, wird ein Tierversuch durch eine Ersatz- oder Ergänzungsmethode ersetzt, z.B. durch den Einsatz von einfacheren Organismen, Zell- oder Gewebekulturen bzw. isolierten Organen oder Computersimulationen.

Reduce – Verringerung

Ziel ist es, die Anzahl der im Tierversuch eingesetzten Tiere auf das notwendige Maß zu reduzieren. Ein gutes Versuchsdesign erfordert eine umfassende Planung und Vorbereitung sowie einen intensiven Abgleich mit der vorhandenen Literatur. Statistische Programme ermöglichen vorab eine Einschätzung, wie viele Tiere beim jeweiligen Versuchsaufbau nötig sind, um auswertbare Ergebnisse zu erhalten.

Refinement – Verbesserung

Behandlungs- und Untersuchungsmethoden konnten in den vergangenen Jahrzehnten in der Human- und Tiermedizin deutlich optimiert und verbessert werden, z.B. beim Narkose- und Schmerzmanagement. Es werden schonendere Methoden genutzt und das Personal regelmäßig fortgebildet, um eine tierschonende Durchführung zu gewährleisten.

Quelle: Tierversuche-verstehen.de [https://www.tierversuche-verstehen.de/downloads/]

Tierschutzbeauftragte

Als Einrichtung, an der Tierversuche durchgeführt werden, ist die Universitätsmedizin Essen gesetzlich verpflichtet mindestens einen Tierschutzbeauftragten zu bestellen. Am Zentralen Tierlaboratorium Essen sind insgesamt 5 wissenschaftliche Mitarbeiter:innen als Tierschutzbeauftragte tätig. Sie sind verantwortlich für die Umsetzung und Einhaltung des Tierschutzes in der Versuchstierhaltung, arbeiten weisungsfrei und werden vom Tierschutzausschuss unterstützt. Die Tierschutzbeauftragten vermitteln zwischen tierexperimentell tätigen Wissenschaftler:innen und den zuständigen Behörden (Veterinäramt Essen, Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, LANUV). Diese Zuständigkeit erfasst tierexperimentelle Vorhaben an Wirbeltieren, Tintenfischen (Cephalopoden) und Zehnfußkrebsen (Dekapoden).

Aufgaben und Pflichten der Tierschutzbeauftragten:

Die Tierschutzbeauftragten haben unter anderen folgende Rechte:

Tierschutzausschuss

Gemäß §10 Absatz 2 des Tierschutzgesetztes (TierschG) und §6 der Tierschutzversuchstierverordnung (TierSchVersV) müssen Einrichtungen, in denen Versuchstiere gehalten oder verwendet werden, einen Tierschutzausschuss bestellen. In der TierSchVersV sind auch die Zusammensetzung und die Aufgaben des Ausschusses geregelt.

Dem Tierschutzausschuss gehören demnach mindestens an:

Die Leitung des Tierschutzausschusses übernimmt am Zentralen Tierlaboratorium Essen ein Tierschutzbeauftragter. Auch alle anderen Tierschutzbeauftragten, zwei Tierpflegende und zwei Wissenschafler:innen sind Mitglied im Tierschutzausschuss der Universitätsmedizin Essen.
Der Tierschutzausschuss empfiehlt Maßnahmen zur Verbesserung des Tierschutzes.

Die Aufgaben des Tierschutzausschusses bestehen insbesondere darin:

ZTL-Tierschutzpreis

Das Wohlergehen unserer Versuchstiere liegt dem Universitätsklinikum Essen am Herzen.
Deshalb werden am Zentralen Tierlaboratorium alle tierexperimentell arbeitenden Forscherinnen und Forscher sowie technischen MitarbeiterInnen (Tierpflegerinnen und Tierpfleger, TAs) aufgerufen, Ideen und Konzepte einzureichen, die das Wohlbefinden der Versuchstiere und den Tierschutz im ZTL steigern. Der Preis wird für Projekte vergeben, die dazu beitragen, die Zahl der eingesetzten Tiere zu reduzieren, deren Belastung in einem Tierversuch zu vermindern, oder Tierversuche zu ersetzen (3R-Konzept: Reduction, Refinement, Replacement).